Heute saß ich mit den Jungs und dem Gatten im Kino. Kinderkino. Bo und der Weihnachtsstern. Sehr lustiger Familienfilm. Aber ich wurde auch mächtig angetriggert. Passiert mir nicht oft, dass ich während eines Films heulen muss – schon gar nicht in einem Kinderfilm…
Neben all den lustigen und herzerwärmenden Szenen, die den Film hauptsächlich füllen, gab es auch ein paar Sätze, die sehr wesentliche Aspekte des weihnachtlichen Geschehens treffsicher auf den Punkt gebracht haben. Und mich wirklich berührt haben. Wahrscheinlich auch deshalb, weil es gerade so gut in meine momentane Seelenverfassung und Situation hineinzielt. Und natürlich hat es etwas mit Festhalten und Loslassen zu tun.
Es gibt eine (frei erfundene) Szene in dem Film, in der alles schief zu gehen scheint. Und Josef fragt Maria, wie es sein kann, dass sie die Eltern des Messias sein sollen, wenn sie es nicht mal schaffen werden, in Bethlehem anzukommen. Er zweifelt daran, dass Gottes Plan noch aufgehen kann. Und vielleicht zweifelt er auch ein bisschen, oder ein bisschen mehr… daran, dass das alles wahr ist, was Maria ihm erzählt und der Engel ihm verkündet hat. Maria sagt dann sinngemäß so etwas wie, dass sie es auch unheimlich schwer findet, an all dem festzuhalten, was Gott zugesagt hat. Und sie unheimlich große Angst davor hat, zu versagen. Und einfach auch vor dem, was da auf sie zukommen wird.
Es ist gar nicht so leicht, an dem festzuhalten, was man von Jesus (oder in Marias und Josefs Fall immerhin in einer Begegnung mit einem waschechten – oder besser leuchtechten? – Engel) gehört hat. Und manchmal wünschte ich mir so eine intensive Begegnung… gerade wenn ein Weg so unsicher ist und manchmal ganz offensichtlich alles darauf hindeuten will, dass er vielleicht doch falsch zu sein scheint.
Maria hatte immerhin eine Begegnung mit einem Engel (!) – Josef auch (!) – und ich bin ein bisschen neidisch darauf. (Im Vergleich dazu scheint die „leise Stimme Gottes im Inneren – auch wenn man damit schon Wunder erlebt hat … so klein und schwach wie eine Mikrobe zu sein…) Wenn man so etwas erlebt hat, wie Maria und Josef mit dem Engel – muss man sich dann nicht felsenfest sicher sein? Um jeden Preis an der Vision festhalten?
Im biblischen Text sind die Zweifel Maria und Josefs nach den jeweiligen Engelsbegegnungen nicht erwähnt. Mir scheint es aber wahrscheinlich und menschlich, dass sie tatsächlich auch Zweifeln, Mutlosigkeit und inneren Kämpfen ausgesetzt waren. Dass die Verurteilung der Leute um sie herum, aufgrund der Schwangerschaft Marias in verlobtem Zustand (der kultureller Hintergrund: damals sah man auch schon mal eine Steinigung als Strafe für so ein Vergehen vor) und aufgrund des unsicher erscheinenden Erzeugers, sich ziemlich mies angefühlt hat. Dass eine Volkszählung und die in der Schwangerschaft unpassende Reise zu Fuß und auf einem Esel in eine entfernte Stadt nicht ins Bild dieser großartigen Vision gepasst haben. Und was mögen sie wohl gedacht haben, als sie immer wieder Ablehnung erfuhren, auf der Suche nach einem Zimmer für die Geburt, und am Ende in einem Stall landeten (ich vermute Stall damals und Stall heute sind, was den Hygienestandard anging, auch nicht unbedingt vergleichbar).
Man bedenke, dass Maria ungefähr 13 Jahre alt gewesen sein muss (Kultur damals) und Josef vielleicht nur unwesentlich älter.
Es ist nicht so leicht, an den Zusagen Gottes festzuhalten – weder damals noch heute – weder durch eine Engelsbegegnung, noch durch die leise Stimme Gottes – weder mit 13, 30, 55 oder 80 Jahren – wenn alles, was passiert, dagegen zu sprechen scheint. Wenn Menschen um uns herum, uns entmutigen oder abweisen, anstatt die gleiche Vision zu teilen. Wenn man überfordert, schwanger, krank, ängstlich oder verletzt ist. Wenn der Weg, den man mit dem König der Könige geht, nicht in einen Palast und in Reichtum, sondern in einen Stall und in finanzielle Unsicherheiten führt. Wenn am Ende noch das eigene Leben oder das des Kindes (und vorrausgesagten Messias) auf Messers Schneide hängt.
Maria und Josef sind weitergegangen. Haben festgehalten. Sind nicht davongelaufen. Haben Gott gelobt und vielleicht auch hinterfragt . Bestimmt immer wieder angefleht. Aber sind seinen Weg weitergegangen.
Neun lange Monate.
Und dann ist das Kind da. Und gewaltige Bestätigungen, dass das, was sie gehört, und woran sie festgehalten haben, wirklich – wirklich – wirklich wahr ist.
Mitten im Dreck und im Elend – nach der Angst und der Erschöpfung der Geburt – kommen die Bestätigungen, dass Gott die Wahrheit gesagt hat: Engelchöre erhellen und erfüllen die Umgebung mit einem irren, himmlischen Gesang. Und die Hirten berichten Maria und Josef davon, dass sie ihnen gesagt haben, dass sie den Messias genau hier bei ihnen im Stall finden werden – und da sind sie mal hergekommen um zu schauen.
Und die drei Magier aus dem Morgenland kommen in dieses dreckige Loch, zu Wöchnerin, Ziehvater und dem Königskind, das sie suchen. Weil sie einen Stern gesehen haben, der ihnen genau das verraten hat, was Maria und Josef in ihren Engelsbegegnungen gehört haben. Und sie bringen einem ärmlichen Paar in einem Stall im überfüllten Bethlehem Geschenke, die deren Vorstellungen von Reichtum oder einem Leben im Wohlstand ziemlich explosiv gesprengt haben dürften.
Und plötzlich wird alles ganz klar gewesen sein – warum haben wir jemals gezweifelt – Ehre sei Gott in der Höhe!
Kurze Zeit später dann wieder alles auf Anfang. Das Leben des Babymessias – des Königs der Könige (niedliche Größe 56) – ist in Gefahr. Und der vielfache Kindermord, der mit der Geburt des Gottesohnes einhergeht, ist eine erschütternde und unverständliche Sache – die uns nicht einleuchten will – gerade heute nicht. Gut und Böse liegen so nahe zusammen, gerade in ihrem Kampf miteinander. Und wie kann Gott das zulassen? Und dabei ist gerade das die Strategie, die das Böse als Antwort auf das Leben selbst so oft zeigt, dass wir es wissen müssten und uns nicht mehr raushalten dürften.
Ob Maria und Josef wieder gezweifelt haben, als sie nach Ägypten fliehen sollten? Oder war ihr Glaube felsenfest und unerschütterlich durch die Erfahrungen, die sie gerade gemacht hatten?
Wahrscheinlich wachsen der Glaube und die Fähigkeit zum Festhalten an Visionen, die Gott gibt, durch Erfahrungen. Und auch durch eine starke Jesusbeziehung und das ständige Dranbleiben im Hören und Austausch mit Gott. Dennoch sind und bleiben wir Menschen. Maria und Josef, und genauso du und ich.
Und in den Zeiten, in denen das Festhalten an dem einmal gesprochenen Wort Gottes so schwer erscheint, sehnen wir uns nach einer Bestätigung, dass wir doch nicht falsch gehört haben – dass es doch stimmt. Und dass Gott größer ist als alle Umstände, die unseren Glauben ersticken wollen.
Die leise Stimme Gottes sprach heute recht bunt und unkonventionell – in einem Kinosaal voller Familien mit kleinen Kindern. Während das Popcorn auf meinem Vliespulli klebte und der Sohn in meinem Arm kuschelte.
Danke, Jesus, für „Bo, meinen persönlichen Weihnachtstrigger“!