Wer sich viel kümmert, muss auch ruhen. Wer viel gibt, braucht Zeiten, in denen das eigene Auftanken und Empfangen einen Raum hat. Jesus nimmt seine Jünger heraus aus der Euphorie über das gerade Erlebte: Sie haben Kranke geheilt und Dämonen ausgetrieben. Kein Wunder, dass sie begeistert sind, und wahrscheinlich auch sehr aufgekratzt. Sie sind im Flow – es könnte jetzt ewig so weitergehen. Jesus ist da anderer Meinung. Er führt mit seinen Jüngern so eine Art „Debriefing“ durch. Er hört sich alles an, und dann sagt er ihnen, was jetzt Not tut: Kommt, ihr allein, an einen einsamen Ort, und ruht ein wenig.
Jesus weiß, dass wir nicht endlos geben können. Dass wir ausbrennen, wenn wir immer weitermachen, ohne selber aufzutanken.
Und es sind schon wieder Menschen da, und die Jünger haben nicht mal Zeit zu essen. Deshalb führt Jesus seine Jünger an einen öden, einsamen Ort. Doch auch da warten bereits die Menschen. Sie haben Jesus und seine Jünger beobachtet und geahnt, wo man sie als nächstes treffen kann. Jesus sieht beide Menschengruppen: Seine Jünger, die schon so viel gedient haben und Ruhe brauchen – und die Menschen, die in ihrer großen Sehnsucht und Bedürftigkeit schon auf den Dienst der Jünger warten. Sie berühren sein Herz mit ihrer Not.
Und so lässt er seine Jünger ruhen, und kümmert sich alleine für eine längere Zeit um die Menschen.
Wenn wir nicht mehr können, macht Jesus weiter. Für mich bleibt oft die Frage: Schaffe ich es zu ruhen? In dem Wissen, dass Jesus sich kümmert, und mich jetzt gar nicht so nötig braucht, kann es gelingen. Die Menschen sehen es manchmal anders, doch Jesus sieht auch meine Bedürfnisse und kennt meinen Kräftehaushalt. Er sorgt auch für mich an diesem einsamen Ort und füllt mich neu.
Spannend ist, dass es die Jünger selbst sind, die dann wieder in den Trubel hineingehen. Sie haben wieder Kraft, an die Bedürfnisse der anderen zu denken und machen Jesus darauf aufmerksam, dass diese Hunger haben dürften. Da es hier nichts gibt, an diesem öden Ort, soll er sie entlassen, damit sie sich in den Dörfern etwas kaufen können.
Doch Jesus sieht das anders. „Gebt ihr ihnen zu essen!“
Ihr habt doch aufgetankt. Ihr habt geruht und empfangen. Ihr habt wieder die Kraft, an andere zu denken. Also gebt ihr ihnen zu essen. Denn der einsame Ort ist nicht nur ein Ort der inneren Kraft. Der einsame Ort, an dem unsere intime Begegnung mit Jesus möglich ist, ist auch ein Ort der Wunder und der Kraftwirkungen.
Und so geschieht das Wunder, dass 5000 Männer und vermutlich auch viele dazugehörige Frauen und Kinder satt werden. Durch fünf Brote und zwei Fische. Ein Wunder, das Jesus nicht alleine tut. Er tut es mit und durch seine Jünger, die austeilen und austeilen und austeilen… Denn er hat sie aufgefüllt mit seiner Kraft. Als sie ruhten. An einem öden Ort.
Wenn wir ruhen und uns mit Jesu Kraft neu füllen lassen, geschehen Wunder. Und unser Dienst erreicht mehr Menschen und hat einen weiteren Wirkungsgrad. Manchmal so viel mehr und so viel weiter, dass wir selbst überrascht sind, so wie die Jünger.
Markus 6, 7-13 + 30-37
Und er ruft die Zwölf herbei. Und er begann, sie zu zweien auszusenden, und gab ihnen Vollmacht über die unreinen Geister. Und er gebot ihnen, nichts auf den Weg mitzunehmen ausser einem Stab, kein Brot, keinen Sack, kein Geld im Gürtel, nur Sandalen an den Füssen, und: Zieht euch kein zweites Kleid an! Und er sagte zu ihnen: Wo ihr in ein Haus eintretet, da bleibt, bis ihr von dort weiterzieht. Wo ein Ort euch nicht aufnimmt und man euch nicht zuhört, von dort geht wieder weg und schüttelt den Staub von euren Füssen – das soll ihnen ein Zeichen sein! Und sie zogen aus und verkündigten, man solle umkehren. Und sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.
Und die Apostel versammeln sich bei Jesus. Und sie berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten. Und er sagt zu ihnen: Kommt, ihr allein, an einen einsamen Ort, und ruht euch ein wenig aus. Denn es war ein Kommen und Gehen, und sie hatten nicht einmal Zeit zum Essen. Und sie fuhren im Boot an einen einsamen Ort, wo sie für sich waren. Aber man sah sie wegfahren, und viele erfuhren es. Und sie liefen zu Fuss aus allen Städten dort zusammen und kamen noch vor ihnen an.
Als er ausstieg, sah er die vielen Menschen, und sie taten ihm leid, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er fing an, sie vieles zu lehren. Und als die Stunde schon vorgerückt war, traten seine Jünger zu ihm und sagten: Abgelegen ist der Ort und vorgerückt die Stunde. Schick die Leute in die umliegenden Gehöfte und Dörfer, damit sie sich etwas zu essen kaufen können.
Er aber antwortete ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen!
Ein Gedanke zu “An einem öden Ort”