Photo: Aaron Burden/ unsplash

Wie reagieren, wenn ein Mitmensch (viel zu) lange an irrigen Annahmen, Verschwörungstheorien oder destruktiven Verhaltensweisen festgehalten hat, und dann eines Tages merkt, dass er auf dem falschen Dampfer ist. Ich glaube, dass es eine sehr menschliche und die überwiegende Reaktion ist, innerliche Genugtuung zu empfinden und auszudrücken. Der „Siehste!“ oder „Hab ich doch gleich gesagt.“-Effekt. Hilfreich ist diese Reaktion nicht. Vermutlich empfindet die andere Person sowieso Scham über das eigene Irren oder Leugnen. Oder steht noch ganz unter dem Schrecken, dass doch alles so anders ist, als sie es dachte. Genugtuung oder herabsetzendes „Bessergewussthaben“ hilft nicht, dass die Person in der neugefundenen Realität schneller ankommen kann und sich dort willkommen fühlt. Besser ist es, wenn wir der Person entgegen rennen und unsere Arme weit für sie öffnen. Wenn wir helfen, sich neu angenommen und wieder heimisch zu fühlen. Die Verluste, die der Person entstanden sind, ausgleichen. Beschenktes Willkommen-Sein hilft viel. Uns allen. Den „Besser-gewusst -Habenden“ und denen, die geirrt haben. Und höchstwahrscheinlich sind wir alle einmal in der einen oder der anderen Position, immer wieder.

Jesus erzählt von einem Vater, der seinem Sohn, welcher auf einem Ego- und Leugnungstrip unterwegs war (und nebenbei seinen Vater sehr verletzt hat), mit weit geöffneten Armen entgegenrennt. Ihn in die Arme schließt. Schuldbekenntnissen mit Liebe begegnet. Ein Fest feiern lässt, um den verlorenen Sohn willkommen zu heißen.

So ist unser himmlischer Vater. Er wartet jeden Tag sehnsüchtig auf uns. Er rennt uns entgegen, um uns in seinen Armen willkommen zu heißen. Er will unsere Zerknirschung nicht hören – sondern er feiert ein Fest, um uns unser Zuhause und Erbe und unsere Leichtigkeit als seine Kinder wieder zu geben. Denn er liebt uns von ganzem Herzen.

Das Gleichnis vom rennenden Vater: zu lesen in zwei unterschiedlichen Übersetzungen:

Das Gleichnis von den zwei Söhnen
11 Jesus erzählte weiter: »Ein Mann hatte zwei Söhne. 12 Eines Tages sagte der jüngere zu ihm: ›Vater, ich will jetzt schon meinen Anteil am Erbe haben.‹ Da teilte der Vater seinen Besitz unter die beiden auf. 13 Nur wenige Tage später machte der jüngere Sohn seinen Anteil zu Geld, verließ seinen Vater und reiste ins Ausland. Dort leistete er sich, was immer er wollte. Er verschleuderte sein Geld, 14 bis er schließlich nichts mehr besaß. Da brach in jenem Land eine große Hungersnot aus. Es ging dem Sohn immer schlechter. 15 In seiner Verzweiflung bettelte er so lange bei einem Bauern, bis der ihn zum Schweinehüten auf die Felder schickte. 16 Oft quälte ihn der Hunger so sehr, dass er sogar über das Schweinefutter froh gewesen wäre. Aber nicht einmal davon erhielt er etwas. 17 Da kam er zur Besinnung: ›Bei meinem Vater hat jeder Arbeiter mehr als genug zu essen, und ich sterbe hier vor Hunger. 18 Ich will zu meinem Vater gehen und ihm sagen: Vater, ich bin schuldig geworden an Gott und an dir. 19 Sieh mich nicht länger als deinen Sohn an, ich bin es nicht mehr wert. Lass mich bitte als Arbeiter bei dir bleiben!‹ 20 Er machte sich auf den Weg und ging zurück zu seinem Vater. Der erkannte ihn schon von weitem. Voller Mitleid lief er ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. 21 ›Vater‹, sagte der Sohn, ›ich bin schuldig geworden an Gott und an dir. Sieh mich nicht länger als deinen Sohn an, ich bin es nicht mehr wert.‹ 22 Sein Vater aber befahl den Knechten: ›Beeilt euch! Holt das schönste Gewand im Haus und legt es meinem Sohn um. Steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt Schuhe für ihn! 23 Schlachtet das Mastkalb! Wir wollen essen und feiern! 24 Denn mein Sohn war tot, jetzt lebt er wieder. Er war verloren, jetzt ist er wiedergefunden.‹ Und sie begannen ein fröhliches Fest. Lukas 15,11-24 (Bibelübersetzung: Hoffnung für Alle)

Die Geschichte von einem Vater mit zwei unterschiedlichen Söhnen

11 Jesus erzählte mal wieder eine Geschichte: „Es gab mal einen Mann, der hatte zwei Söhne.

12 Irgendwann sagte der jüngere Sohn zum Vater: ‚Papa, mir dauert es zu lange, bis du stirbst und ich meinen Teil von deinem Geld erben werde. Ich möchte das jetzt schon ausbezahlt bekommen. Geht das?‘ Der Vater ließ sich drauf ein und zahlte ihm die Kohle aus.

13 Ein paar Tage später packte der Sohn seine Sachen zusammen und ging auf Weltreise. Er lebte in Hotels und in Spielcasinos, verzockte sein ganzes Vermögen in irgendwelchen Bars und Clubs, bis er pleite war.

14 Plötzlich gab es in der Zeit eine große Wirtschaftskrise im Land. Die Lebensmittelpreise stiegen immer höher und viele Menschen hatten nichts zu essen. Auch der Sohn bekam Hunger.

15 Immerhin kriegte er einen Job als Toilettenmann am Hauptbahnhof. Das war ein echt schlecht bezahlter, dreckiger und total unbeliebter Job.

16 Der junge Mann war so hungrig, dass er am liebsten die Essensreste, die Toilettenbesucher in den Müll warfen, gegessen hätte, aber noch nicht mal das durfte er.

17 Schließlich überlegte er hin und her: ‚Zu Hause bei meinem Vater bekommt jeder Arbeiter in seiner Firma ein Mittagessen und ich sterbe hier fast vor Hunger!

18 Die beste Idee ist es wahrscheinlich, wieder nach Hause zu gehen. Dann sag ich zu ihm: Papa, ich habe großen Mist gebaut, ich hab mich von dir und auch von Gott entfernt!

19 Ich hab es auch echt nicht mehr verdient, zu deiner Familie dazuzugehören. Aber kannst du mir vielleicht irgendeinen Job in deiner Firma geben?‘

20 Also ging er wieder zurück zu seinem Vater. Als der Sohn gerade durch das Eingangstor vom Grundstück kam, sah der Vater ihn schon aus der Ferne. Mit Tränen in den Augen lief er ihm sofort entgegen, umarmte und küsste ihn.

21 Der Sohn sagte sofort: ‚Papa, ich hab großen Mist gebaut! Ich hab mich falsch verhalten dir und Gott gegenüber! Ich hab es echt nicht mehr verdient, dein Sohn genannt zu werden.‘

22 Sein Vater hörte ihm aber gar nicht richtig zu. Er rief schnell ein paar Angestellte und beauftragte die: ‚Bringt sofort den besten Designer-Anzug her, den ich im Schrank hängen habe. Holt ein paar gute Schuhe und holt den Familienring.

23 Fahrt das beste Essen auf, die Sachen, die wir extra für einen besonderen Anlass im Lager haben! Deckt den Tisch und lasst uns eine große Party starten.

24 Es gibt nämlich einen Grund zum Feiern: Mein Sohn war schon so gut wie tot, aber jetzt ist er wieder hier und lebt! Ich hatte voll die Sehnsucht und habe jeden Tag auf ihn gewartet und jetzt ist er endlich wieder da!‘ Lukas 15, 11-24 VOLX-Bibel (Übertragung)

5 Gedanken zu “Genugtuung oder Mit-Gefühl – und der rennende Vater

  1. Danke, geliebte Bettina in CHRISTI, ja, genau das ist es: Menschen in Liebe anzunehmen, gerade weil sie Fehler gemacht haben, denn Erfahrungen vererben sich nicht, die muss jede/r selber machen, und wie wundervoll und heilsam es ist, wenn sich Arme voller aufrichtiger Liebe öffnen, wenn man selber denkt, es nicht wert zu sein, weil man eben >Mist gebautMist gebautVolxbibelMist gebautIch bin kein Poet und auch kein großer Autor, aber was ich dir sagen kann und möchte, ist, dass ich dich sehr wertschätze und mindestens genau sooo lieb habe. … Denn hilfsbereite, optimistische und zugleich bedingungslose Menschen sind auf dieser Welt so gut wie ausgestorben, was eine Frau wie dich daher einzigartiger macht, als du sowieso schon bist; daher bist du einer der liebenswertesten Menschen, die ich kenne, was dich zu einer tollen Mama und Oma macht. Bin stolz, dich meine Mama und Matheos Oma nennen zu können, da du mir in jeder Lebenslage beigestanden und immer zu mir gehalten hast, wo wer anders wohl schon lange die Kraft verloren hätte! … Und zu guter letzt noch mal: Danke, dass du da bist! Danke, dass du meine Mama bist! Danke, dass ich dein Sohn bin/sein darf! Ich danke dir hiermit einfach für alles und noch viel mehr. Ich liebe dich Mama.< Vielleicht lassen sich diese zitierten Zeilen nicht wirklich nachvollziehen, ohne die Vorgeschichte meines Sohnes zu kennen, den vor ca. 3 Jahren fast alle aufgegeben hatten, vor allem auch er sich selber, doch das detaillierte Outing lasse ich hier mal weg. Fakt ist, dass ich den ganzen damaligen Nöten nur zusammen mit GOTT begegnen konnte, und dass die Gnade und Liebe Gottes durch mich auch meinen Sohn erreicht hat und ihn nachhaltig verändert. Ich bin CHRISTUS so dankbar, dass er mich als himmlischer Jagdhund so lange verfolgt hat, bis ich mich habe seinerzeit von IHM finden lassen, und dass ER mich gebraucht, damit der Funken des lodernden Feuers SEINER LIEBE in meinem Herzen auch auf andere überspringt. AMEN!

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  2. Oh sorry, ihr Lieben, jetzt hat´s schon wieder Teile meines Kommentar-Textes zerrissen, dass der von mir gemeinte Sinn nicht wirklich nachvollziehbar sein wird. Entschuldigung! Immerhin weiß ich nun endlich, woran es liegt 🙂 .

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  3. Schöner und wichtiger Beitrag. Verurteilen und andere von oben herab zu behandeln hat noch niemandem geholfen. Und ich befürchte, genau so ein Verhalten treibt Menschen auch eher von uns weg. Würde mir jedenfalls so gehen, wenn man mich so ansprechen würde mit einem „Ich habs dir doch gleich gesagt.“ Bewirkt dann nur eine Trotzreaktion, wahrscheinlich im schlimmsten Fall zurück in die Arme der Verschwörer.

    Was ich aber noch schwieriger finde ist, zu merken, wann ein lieber Mensch sich von Verschwörungsmythen distanzieren will, weil der Kontakt so stark eingeschränkt ist. Merke ich eigentlich, wann die ehemals beste Freundin merkt, dass der Impfstoff keine Chips beinhaltet und es keine jüdische Weltverschwörung gibt, wenn ich sie vorher von meiner Freundesliste gelöscht habe weil mich ihre Erzählungen so belastet haben?

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    1. Puh – schwierige Frage. Ich glaube, manchmal hilft alles nix. Was dann zu tun ist… ist sicherlich in jedem Falle anders. Ich lösche nur seeehr selten. Eher nehme ich die Funktion, wo man keine Beiträge der Person angezeigt bekommt. Selbstschutz gegen Mitgefühl und „Tür offenhalten“ abzuwägen ist total schwer… 😦

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