Bist du ein geduldiger Mensch? Ich eher nicht. Ich habe Geduld mit anderen Menschen, was für die Seelsorge extrem zuträglich ist. Doch wenn es um mein eigenes Leben und meine Ziele geht, bin ich leider wirklich extrem ungeduldig. Und wenn etwas nicht so schnell eintrifft, wie ich es erwarte oder wünsche, oder es mir vorgestellt habe – und dann eine zeitlang danach immer noch nicht… dann schreibe ich die Sache meist schon ab. In mir entsteht dann das Gefühl, dass das Ganze dann wohl doch nicht realistisch war. Wenn Gott mir etwas zugesprochen hat und es nicht in der erwarteten Zeit eintrifft, bin ich etwas geduldiger. Man könnte sagen, dass meine Frustrationtoleranz in diesem Bereich etwas größer ist. Dennoch ist sie auch nicht unbegrenzt, und es kommen auch immer wieder Zweifel auf.

David, von dem ich viel lerne, ist mir auch in punkto „warten“ ein Vorbild. Als der Prophet Samuel von Gott hört, dass er einen der Söhne Isais zum neuen König salben soll, ist David als der Jüngste der Söhne erst gar nicht im Fokus. Die Salbung soll heimlich beim Opferfest stattfinden, damit der amtierende König Saul nichts davon mitbekommt. Die ganze Familie Isais ist anwesend – nur David nicht. Er ist so jung und unbedeutend. Keiner rechnet damit, dass ausgerechnet David von Gott für diese Aufgabe ausgewählt werden könnte. Deshalb gibt man ihm nicht einmal Bescheid. Man feiert mit Samuel das Opferfest, während David für die Familie die Schafe hütet. Gott zeigt Samuel, dass keiner der anwesenden Söhne der auserwählte zukünftige König ist. Samuel fragt irritiert nach weiteren Söhnen. Da erinnert man sich plötzlich an David („Aber er ist doch noch ein Kind!“) und lässt ihn holen. Und als dieser Junge oder Teenager dann vor Samuel steht, sagt Gott zu Samuel: „Das ist er. Ich schaue nicht auf das Äußere, ich schaue nicht auf die Kriterien, die Menschen haben. Ich schaue das Herz an.“ Samuel salbt David zum König. Was dann folgt, ist eine Zeit der Abenteuer, Erfolge, Gefahren und Niederlagen für David. Er wird zum Riesentöter, Soldaten, Prinzessinengemahl, Staatsfeind Nr.1, Anführer einer Horde von rauhen und teilweise zwielichtigen Gestalten. Nur eines wird er nicht: König.

Ich frage mich, wie David damit umgegangen ist. Einerseits diese Salbungserfahrung gemacht zu haben. Zu spüren, dass Gott mit ihm ist – denn er schenkt ihm Erfolge und Siege und Bewahrung. Und zum anderen nichts von der Verheißung zu sehen. Im Gegenteil: er ist ständig auf der Flucht und muss fürchten, von Saul ermordet zu werden. Wie hält man das Jahre und Jahre lang aus? Wie kann man Gott da noch vertrauen? Ob David an Samuels Prophetie und Salbungshandlung gezweifelt hat?

Eines Tages bekommt David die Gelegenheit, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Er ist auf der Flucht vor Saul und versteckt sich in einer der großen Höhlen im Umland. Ausgerechnet in dieser Höhle sucht Saul Unterschlupf. Er hält dort ein Nickerchen und liegt völlig ungeschützt da. David ist nur ein paar Meter entfernt. Saul zu töten – das ist jetzt die Gelegenheit! David schleicht sich zu ihm, das Schwert in der Hand. Aber er tötet ihn nicht – er schneidet nur einen Zipfel von Sauls Gewand ab. Und als Saul aufwacht, konfrontiert ihn David: „Ich hätte die Gelegenheit gehabt, dich zu töten – aber ich achte dich als meinen König, weil du von Gott gesalbt bist.“

Es scheint mir, dass David keinen Zweifeln erlegen ist. Dass er immer noch fest darauf vertraut, dass er König werden wird. Und sein Vertrauen auf Gott ist so fest, dass er hier diese Gelegenheit nicht nutzen muss. Dass er „clean“ bleibt, und es Gott überlässt, wie und wann dieser seine Zusagen wahr macht.

Als David 37 Jahre alt ist, wird er dann tatsächlich König von Israel. Saul ist im Krieg gefallen, und David kommt nach Jerusalem und tritt seine eigene Berufung an. Ich würde sagen: er hat mindestens 20 Jahre gewartet. Vielleicht mehr, je nachdem, wie alt er zur Zeit der Salbung war. Auch als so viel Zeit ins Land ging… auch als alle Vorzeichen anders aussahen. Auch als David Leid ertragen musste. Er hat Gott vertraut, dass dieser seine Versprechen einhält. David konnte warten.

Ich möchte lernen, so zu warten wie David. Mit einem festen, unerschütterlichen Herzen. Ich möchte lernen, die Dinge nicht in meine eigenen Hände zu nehmen. Ich möchte warten, dass Gott seine Verheißungen erfüllt zu der Zeit, die er für richtig hält.

Photo by Thomas Jarrand on Unsplash

David beschrieb sein Vertrauen auch in einem Lied:

Ich aber, HERR, hoffe auf dich und spreche: Du bist mein Gott! Meine Zeit steht in deinen Händen. Errette mich von der Hand meiner Feinde und von denen, die mich verfolgen. Psalm 31,15+16

Davids Geschichte ist in der Bibel nachzulesen: In den Büchern 1. Samuel 16 – 1. Könige 2

Davids Salbung: 1. Samuel 16 // David verschont Saul: 1. Samuel 24 // David wird König: 2. Samuel 5-9 (und ganz viel Spannendes dazwischen)

3 Gedanken zu “Warten wie David

  1. Geduld ist auch meine Stärke nicht. Aber es wird besser, mit den Jahren. Was zu mir kommen soll, findet seinen Weg in der dafür vorgesehenen Zeit. David ist ein gutes Vorbild.

    Liebe Grüße aus dem Tal der Wupper 👋

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