„Johnny Hates Jazz – Turn Back the Clock.“ Kennst du das? Und wenn ja, was hat das mit
Corona zu tun? Und mit Dankbarkeit? Was hat dieser Song für mich mit Dankbarkeit zu tun?
Das sind schwierige Fragen. Und die Antworten sind für mich umso wertvoller. Naja…
schauen wir mal.

Corona ist furchtbar – und doch wertvoll
Diese Pandemie ist furchtbar.
Dass sie so viele Menschenleben schon gekostet hat und wir dieser Gefahr immer noch
ausgesetzt sind. Wir alle. Auf der ganzen Welt.

Menschen werden kopflos und verweigern sich innerlich dieser Realität. Und rücksichtslos
werden sie und kaufen die Regale in den Supermärkten leer, um sich selbst abzusichern.
„Hauptsache, ich habe genug von allem.“ – „Hauptsache ich entkomme.“ – „Hauptsache,
ich bleibe gesund.“ – „Hauptsache ich lebe.“ – „Meine Familie und Freunde vielleicht noch,
der Rest der Menschheit ist mir aber egal.“ – „Hauptsache: ich!“ Das scheint die Haltung
vieler zu sein.
„Aber, Entschuldigung, so läuft das nicht!“
Manche Menschen ticken so, ja, das mag sein. Das können wir jeden Tag erleben, auf den
Straßen, in den Supermärkten. Und wir können es auch in den Medien sehen. Beobachtend,
wundernd, fragend.
„Machen Menschen so etwas aus Angst?“
Vielleicht aus Egoismus? Oder einem kopflosen Herdentrieb? Ich weiß es nicht. Aber ich
weiß, Menschen können auch anders! Und auch das sehen wir jeden Tag. In der Familie und
bei Freunden. In der Nachbarschaft, im ganzen Land, auf der ganzen Welt. Überall sind
Menschen, die helfen, die solidarisch sind. Die an andere denken und sich kümmern. Die
Hoffnung spenden und die Hoffnung weitertragen.
Und genau so, wie ich diese Pandemie anfangs „furchtbar“ genannt habe, genauso nenne
ich sie jetzt: „wertvoll“. Denn sie zeigt so vieles, deckt vieles auf. Viel Schlechtes. Aber eben
auch viel Gutes. Und es ist viel mehr von dem Guten, wenn man genau hinschaut. Corona
kam und hat mir die Augen geöffnet. Hat die Welt abgeschminkt. Hat weg gewischt, was
überflüssig ist und zeigt auf das, was wichtig ist. Nach anfänglichem Schrecken bedeutet
Corona das jetzt für mich.
Und dafür bin ich dankbar.

Corona zeigt mir, wie gleich wir sind
Pandemie. (altgriechisch) pan = gesamt, umfassend, alles und dēmos = Volk. Ich musste das
nochmal für mich nachschlagen. Nicht, dass ich das hier doch irgendwie falsch herleite.
Und ja, es stimmt: sie ist allumfassend, die Pandemie. Wir alle sind von der Corona- bzw.
Covid19-Pandemie betroffen.
Wir alle haben Ängste, die dieses Virus hervorbringt. Wir alle machen uns Sorgen um die
Zukunft, wie sie noch werden wird, was diese Infektionswellen noch in unseren Leben
verändern werden. Wir alle auf der ganzen Welt. Von der Millionen-Metropole wie Milano/
Mailand, mit all seinen Symbolen von Wohlstand und Macht (Teile meiner Familie leben
dort) bis hin zum kleinsten Dorf wie „Armanaz“ im Hinterland irgendwo in Syrien, wo das
Überleben noch von sehr einfachen Dingen abhängt (Teile meiner Familie leben dort).
Und genau das schenkt mir das Gefühl einer Gemeinschaft anzugehören. Nicht der
Gemeinschaft der Gesellschaft, in der wir hier leben. Nicht meiner Kirchengemeinde hier in unserem Dorf. Nein, viel mehr, der Gemeinschaft anzugehören, die wir da nennen:
Menschheit. So voller Schrecken und voller Leid diese Zeiten unter dieser Pandemie sind, so
sehr ist das doch ein schönes Gefühl. Wir sind, das spüre ich wie nie zuvor, eine Menschheit.
Dafür bin ich dankbar.
Wir Menschen sind alle eins
Und hier ist meine Dankbarkeit am tiefsten. Dankbarkeit für die Erkenntnis (oder besser
gesagt, die nochmalige Erinnerung daran), dass wir Menschen alle eins sind.
Es gibt keine Unterschiede. Dieses Virus unterscheidet nicht. Nicht die Hautfarbe, nicht die
Herkunft aus dem einen oder anderen Land. Es gibt keine Rassen, natürlich nicht. Die „black
lives matter“-Bewegung in den USA hätte es vielleicht in der Form nicht gegeben, ohne die
Proteste und Demonstrationen wegen der Ungerechtigkeit, die die Corona-Krise zum
Vorschein gebracht hat. Und wir, wir würden nicht die Wortwahl in unserer Verfassung,
unserem Grundgesetz, ändern und endlich damit aufhören, überhaupt von „Rassen“ von
Menschen zu sprechen.
Der Mensch ist Mensch. Fertig. Was für ein klarer Fingerzeig.
Dafür bin ich dankbar.

Ob arm, ob reich
Es gibt – ganz elementar betrachtet – keinen besonderen Vorteil mehr, reich zu sein – ich
meine hier Reichtum an materiellen Dingen. Wenn du dich mit dem Virus ansteckst, bist du
halt dran. Natürlich, das ist jetzt etwas leicht gesagt, wenn man, so wie wir, in einem reichen
Land lebt, in einem Rechtsstaat, in dem die Würde des Menschen geachtet wird. Mit einem
soliden Gesundheitssystem und einem Sozialstaat, der sich auch um die hilfebedürftigen
Menschen unter uns kümmert.
Corona rüttelt mich wach und macht mir bewußt, welches Glück wir haben, hier zu leben.
Corona erinnert mich, wie überhaupt nicht selbstverständlich es ist, dass wir in solch einem
Glück leben. Und wie sehr wir uns dafür einsetzen sollten, dass alle Menschen in solch
einem Glück leben. In Frieden. Mit Gesundheit. In Gerechtigkeit.
Und während ich das schreibe, erkenne ich, dass genau das die Essenz ist, die uns die
Covid-Pandemie offenbart. Denn das sind die Dinge, die uns Menschen doch wichtig sind –
ok, ja, zumindest mir.

Wir wollen gesund sein. Wir wollen in Frieden leben. Wir wollen frei sein mit unseren
Gedanken, unseren Ideen und Träumen. Wir wollen lieben. Lieben dürfen, wen wir wollen.
Und es ist uns ein tiefes Bedürfnis, Danke zu sagen. Dankbarkeit zu empfinden.
Dafür bin ich dankbar.

Corona gibt mir Ruhe von all dem Eifer
Schon als Teenager bin ich der Frage nachgegangen, was der Sinn des Lebens sein mag.
Wie viele andere Menschen auch, vielleicht ja auch du. Eine Antwort habe ich bis heute
nicht. Mein Glaube an Gott, meine Liebe zu Jesus helfen mir sicherlich dabei, Frieden darin
zu finden, diese Frage unbeantwortet zu lassen.
Leben ist Leben. Liebe ist Liebe.
Und um mehr geht es im Grunde gar nicht, glaube ich. Alles andere – Eifer, Ehrgeiz,
Habgier, Streit um das eine oder andere, Besitztum, Statussymbole, fettes Auto, Diamanten,
Geltungsbedürfnis, das Streben nach immer mehr und mehr und immer noch mehr – all das ist (ich atme einmal durch – ich habe es selbst erfahren – und du weißt es vielleicht auch):
alles nichts wert.
Corona macht auch das so offensichtlich. Da kommt so ein Virus und dann geht es nur noch
um Leben – oder nicht. Und um Liebe – oder nicht.
(Darf ich das so sagen? Das klingt etwas hart und allzu vereinfacht. Aber ich schaue gerne
auf diese vereinfachende Weise auf solch komplexere Zusammenhänge. Wenigstens ganz
kurz, um für mich Klarheit zu finden.)
Diese Klarheit hilft mir das Eindeutige zu sehen. Zu spüren, was mein Leben für mich
bedeutet. Klarheit.
Dafür bin ich dankbar.
Corona entschleunigt, auch mich
Lock-down. Dafür bin ich dankbar. Das klingt paradox, weltfremd und irgendwie gemein,
denn für viele Menschen bedeutet Lockdown auch Isolation und erzwungene Starre.
Warum ist der Lock-down gut für mich? In meinem Leben muss ich immer überall sein. Muss
überall mitmischen. Alles mitmachen. Und jetzt? Schluss damit. Nirgendwo mehr hin. Keine
Fahrten mehr quer durch’s Land, von einem Besuch zum anderen hetzen. Auch nicht an
Weihnachten. Weihnachten, das war bei mir immer wie eine Odyssee der Begegnungen. Im
Grunde ja etwas Gutes. Nur werden Begegnungen auf diese Weise viel zu kurz. Wirklich auf
diese Begegnungen einlassen? Dafür reichte die Zeit doch gar nicht aus – wenn ich ehrlich
zu mir selbst bin. Autobahn, rein, essen, raus und wieder Autobahn. Dazwischen Smalltalk,
der niemandem etwas gibt. Also, warum nicht gleich lassen?
Langsam. Tempo raus. Sitzen bleiben. Wer ist hier und bei mir? Atmen, langsam. Ich
genieße das. Entschleunigt. Momente ohne Beschleunigung.
Dafür bin ich dankbar.

Und was hat das jetzt mit Johnny Hates Jazz zu tun?
Dieser Song, „Turn Back the Clock“, hat mir einmal viel bedeutet. Das ist wirklich lange her,
irgendwann in den 80er Jahren, in meiner Jugend.
Damals habe ich oft in meinem Jugendzimmer auf meinem Bett gelegen und Musik gehört.
Depeche Mode, A-ha und Queen waren meine Favoriten. Und wenn ich mal so richtig gute
Laune hatte (oder haben wollte), dann eben Johnny Hates Jazz.
Diese Zeit habe ich in sehr guter Erinnerung. Ich habe mich dann immer sehr wohl gefühlt,
fühlte mich inspiriert und war voller wohltuender Ruhe. Ich in meinem kleinen Zimmer, Musik
an, Kerze an, wow!
Und genau diese Momente sind mir verloren gegangen, ich erlebe sie so nicht mehr. Im
Alltag des Erwachsenseins. Wie das oft bei mir aussieht?

In aller Früh unter die Dusche gehüpft,
anziehen, schnell, dann ins Auto gehetzt,
Kaffee zwischen Ampelchaos und Zubringerstau

hastig in mich reingeschüttet, ab ins Büro,
mal sehen, was das viel zu frühe Meeting wieder bringt
den ganzen langen Tag nicht zu Hause,
endlich zurück am viel zu späten Abend,
Essen, Fernsehen, kommt ja auch nur wieder Schrott,
ab ins Bett, Schlafen, sogar zum Träumen zu erschöpft.
Keine Zeit, keine Zeit,
und der Tag war doch viel zu lang,
und die nächste Nacht wieder zu kurz.
Ich weiß nicht, ob ich der Einzige bin mit so einer Routine, ich übertreibe sicherlich auch
und bringe es auf die Spitze. Aber vergleichen wir nochmal mit dem, was ich in Gedanken
an die Zeit in meinem Jugendzimmer geschrieben habe:

„Ich habe mich dann immer sehr wohlgefühlt, fühlte mich inspiriert und war voll wohltuender Ruhe.“

Das ist irgendwie ein Gegensatz zu dem, wie es heute ist, nicht wahr?

Und das wurde mir neulich klar. Weil ich nichts zu tun hatte, Corona war schuld – Corona sei
Dank. Ich war zu Hause. Kein Weg ins Büro. Keine Verabredung im Bistro mit Freunden am
Abend. Der Tag war vorbei, gab nichts mehr zu tun.
Da habe ich die alte Platte wieder aufgelegt. „I wish, that I could turn back…“ usw. Das war
schön und da war sie auch wieder, die Ruhe.
Dafür bin ich dankbar. Für diesen Moment, aber genauso auch für dieses Zeichen, dass wir
zu schnell sind mit allem und zu viel haben und zu viel wollen. Naja, ich auf jeden Fall.
Mal langsamer machen, mal runterfahren. Das ist etwas Gutes. Und das zeigt Corona uns
allen. Finde ich.
Und dafür bin ich dankbar – bin ich Gott dankbar.

Über mich

Ich heiße Farouk, ein südlich anmutender Name arabischen Ursprungs. Aufgewachsen bin
ich aber im Norden. Zumindest die meisten meiner 46 Lebensjahre.
Mein Herz, das schlägt auch im Norden. Ich liebe die Nordsee, die Inseln und das platte
Land. Leben tu‘ ich aber im Bergischen. So ändern sich Pläne im Leben.
Genau wie auch meine MS meine Pläne geändert hat.
Als ich ungefähr 40 Jahre alt war, habe ich die ersten Anzeichen meiner MS bewusst
wahrgenommen. Ein Jahr darauf hatte ich dann die Diagnose.
Aus der Diagnose MS habe ich „meine MS“ gemacht. Denn sie ist nur bei mir so, wie sie
eben für mich ist. Und sie gehört jetzt zu mir.
Habe ich Angst vor meiner MS? Ja, habe ich. Aber mein Glaube, Vertrauen, Liebe und
Hoffnung – sind größer.

Dieser Artikel ist von Farouk, der seit schon einiger Zeit mehr für mich ist als ein Bloggerkollege. Wir schreiben uns, beten füreinander und tauschen uns aus über Gott und die Welt. Aber vor allem über Jesus. Ich bin oft beeindruckt davon, wie ehrlich Farouk mit der MS und sich selbst umgeht. Und wie sein Glaube gewachsen ist, seit ich ihn kenne – und das trotz und inmitten von Hoffnungen, Rückschlägen und Krankheit. Farouk ist ein wunderbarer Mensch und ich lerne viel von ihm.

Willst Du mehr über Farouk wissen? Dann empfehle ich dir Farouks wunderbaren blog: https://msnaiv.blog/

Text und Fotos: alle Rechte bei Farouk

Ein Gedanke zu “Farouk – Nach, trotz und während Corona – Gott sei Dank!

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